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Angepasst?

Ich gebe es ja zu, ich bin ein richtiger "Anpassling". Ich weiss, das klingt nach Aktenkoffer, Regelmässigkeiten und ausserdem ziemlich lustfeindlich. Dabei bin ich genau das Gegenteil. Hineingeboren in eine ziemlich unkonventionelle Familie mit künstlerischer Ausrichtung, schlug auch ich einen eher freigeistigen Lebensweg ein: Waldorfschule, eine völlig sinn befreite  Fächerkombination auf der Uni, Bühnenberuf und freie Szene. Man liess mich ausprobieren. 

Während ich heute meine Haare wusch, dachte ich dabei wieder einmal über die Coronasituation nach, deren verursachte Spaltung in der Gesellschaft, die Anfeindungen der Lager. Ich überlegte wie ich als Regierungsoberhaupt entscheiden würde, welchen Weg ich einschlagen würde, auf Strafen oder Selbstverantwortung bauen?  Was wünsche ich mir als Mitglied dieser Gesellschaft, mit welcher Situation fühle ich mich am wohlsten? "mich der Situation anzupassen aber wachsam zu bleiben", enschied ich. Es tut mir gut mich bei neuen Situationen erstmal an Regeln zu halten und mich Gegebenheiten anzupassen. Anpassen? Richtig erschrocken hat mich dieser Gedanke! Wenn man sich anpasst hinterfragt man nicht, man ist blind und doof. So jedenfalls lautet die allgemeine Auffassung des Begriffes in diesen Zeiten. In den Kreisen in denen ich mich bewege ist man einfach unangepasst, man hinterfragt und begehrt auf, man ist unbedingt kritisch oder zumindest innovativ wenn nicht sogar revolutionär. 

Beobachte ich die Natur kann ich eine immerwährende Anpassung ihrerseits an die gegebenen Umstände bemerken. Lebewesen passen sich den Bedingungen an die im Aussen herrschen und entwickeln sich dennoch ständig weiter. (weil auch das Aussen sich ständig verändert). Sogar wir Menschen passen uns , manchmal fast unbemerkt dem Rahmen an: sich für ein Date schön zu machen ist selbstverständlich, für den Sport bequeme und atmungsaktive Kleidung zu tragen sowieso, für den Motoradtrip eine Schutzkleidung zu tragen allemal. 

Sogar der ausgeflippteste Künstlertyp existiert bereits in einem uniformierten Klischee, jeder Streetblogger sieht heute gleich aus.  Es wird immer schwieriger unangepasst zu sein. 

Ich empfinde es als durchaus gesund, mich meinen Lebensumständen anzupassen und mit dem "Flow" zu gehen.

Wir selber sind diese ständige Veränderung , da sich jeder Rahmen ändert und wir uns so flexibel genug diesem anpassen. "Einfügung" scheint mir ein besseres Wort zu sein, es klingt selbstverständlicher. Beobachte ich mich beim Tanzen /in der Bewegung und arbeite mit dem Rhythmus, so kann ein Fluss enstehen. Er kann mich tragen. Durch Regelmässigkeit und Kontinuität ergibt sich eine gute Basis für Entfaltung und Weiterentwicklung, wenn auch langsamer, aber stetig. 

Beginne ich mich bewusst arhythmisch zu bewegen, kann dies jedoch ganz neue Welten und Perspektiven öffnen. Durch Verlassen des sicheren Terrains begebe ich mich auf völliges Neuland. Dazu gehört Mut und der Wille Unbequemlichkeit in Kauf zu nehmen. Eine intensive interessante Erfahrung, aber nicht der Weg für alle. 

"To think outside the box" ist das Credo unser aufgeklärten Gesellschaft . Früher waren es die schwarzen Schafe der Familien die unangenehm durch ihre ungewöhnlichen Einstellungen aufgefallen sind. Heute mokiert sich der Mob an der " angepassten Masse". Irgendwie kehrt sich phasenweise immer alles um, ich jedoch, ich bleibe eine verdammt angepasste faule Sau.